Eins der großen Probleme des Menschen ist die ganzjährige Brunftzeit.
Es ist an der Zeit, so meinen weitsichtige Tierfreunde, die periodische
Brunftzeit auch wieder beim Menschen einzuführen.
Die durch ständige Liebesbereitschaft des Weibchens hervorgerufene
Zersetzungserscheinungen unserer Gesellschaft wie Imponiergehabe auf der
Autobahn oder das unrühmliche Stilettforkeln in den Rotlichtrevieren
gehörten der Vergangenheit an. Würde endlich eine Bundesbrunftordnung
verabschiedet, könnten viele Partnerprobleme - wie z.B. der
Rickenüberhang östlich der Elbe - auf administrativem Wege gelöst
werden (über Aushänge in den Gemeindeämtern würden die
örtlichen Brunftzeiten rechtzeitig für die Urlaubsanträge
der Arbeitnehmer bekanntgegeben). Um zu verhindern, daß junge Spritzer
abgebrunftete Reviere verlassen, um in anderen Gemeinden einen Sprung aufs
Blatt zu riskieren, wird man um die Einführung eines maschinenlesbaren
Brunftausweises nicht umhinkommen.
Ist diese Vorarbeit erst einmal geleistet, so würde sich vieles wie
von selbst lösen. Die unseligen Paarbindungen, die ganze Generationen
ins Elend gestürzt haben, fänden in einem kommunalen Brunftbetrieb
wohl ihr verdientes Ende. Statt dessen würden einmal im Jahr die Weibchen
eine Woche lang fiepend in den Fußgängerzonen einstehen, während
die Böcke mit gesenkten Sechzehnventilern aufeinander zurasen, um den
Platzhirsch unter sich auszumachen. Wir älteren Kameraden schauten dann
gelassen aus der sicheren Position der Bratwurstbude dem todbringenden Treiben
der jungen Stenze zu, um zu gegebener Zeit ein weibliches Stück auf
dem Sozius der Kreidler Florett heimzuführen.
Die einwöchigen Saturnalien in den schwülen Lungen unserer
Innenstädte befreiten den Rest des Jahres von den überlebten Formen
der ständigen Gattenwerbung im Alltag. Die Böcke müßten
den Frauen nicht mehr den Schlag ihres Wagens öffnen - im Zeitalter
des japanischen Kleinwagens ohnehin eine ungeheuer lächerliche Geste
-, und die Weibchen könnten sich nun mit aller Kraft um ihre Brut
kümmern statt an den Textilraufen der Kaufhäuser rumzulungern.
Liebe Tierfreunde, unsere Zeit ist geprägt durch so unsinnige Forderungen
wie die nach der 35-Stunden-Woche - Forderungen, hinter denen letztlich das
Verlangen nach ständigem Sex lauert. Ähnlich wie der Japaner stehen
Bock und Ricke 51 Wochen im Jahr als Reh ihren Mann. Wenn wir Europäer
nicht endgültig ins Hintertreffen geraten wollen, sollten wir schleunigst
auch bei uns feste Brunftzeiten einführen; gelber Mann und Schalentier
machen es uns vor.