Nach Vogelgrippefall in Nutztierbetrieb: 14000 Geflügeltiere müssen gekeult werden
14 000 Geflügeltiere in Sachsen müssen als Konsequenz aus dem
ersten Vogelgrippefall in einem Nutztierbestand ihr Leben
lassen. Der Nationale Krisenstab von Bund und Ländern hat
unterdessen über ein weiteres Vorgehen beraten.
DRESDEN. Wie der Staatssekretär im Sozialministerium, Albert
Hauser, am Donnerstag in Dresden nach einer Sitzung des
sächsischen Krisenstabes mitteilte, sind davon 90 gewerbliche
und private Betriebe davon betroffen. Sie liegen alle in der
drei Kilometer großen Sperrzone um die Wermsdorfer Gänsezucht
GmbH in Mutzschen bei Leipzig. Dort war am Mittwoch das
gefährliche H5N1 Virus bei Puten festgestellt worden. Die
Sperrzone liege in den Landkreisen Muldentalkreis und
Torgau-Oschatz.
Gleichzeitig kündigte Hauser an, dass alle landesweit erteilten
60 Ausnahmegenehmigungen für freilaufende Geflügeltiere wieder
zurückgenommen werden. Ausnahmen würden nur noch bei Lauftieren
wie Straußen oder bei Zoohaltung erteilt. Er rechne zudem mit
einem Exportverbot für Geflügelfleisch aus der betroffenen
Region durch die EU. Erfahrungen unter anderem aus Schweden
hätten aber gezeigt, dass ein solches Exportverbot regional sehr
begrenzt ausfalle, betonte Hauser.
Die Referatsleiterin für Tierseuchenbekämpfung im Dresdner
Sozialministerium, Gerlinde Schneider sagte, dass es bis jetzt
gelungen sei, fünf Tonnen Geflügelfleisch aus der Wermsdorfer
Gänsezucht GmbH, die in den Vertrieb gekommen sind,
zurückzuverfolgen. Dabei handele es sich um Fleisch aus den
letzten 14 Tagen. Weitere Einzelheiten nannte sie nicht.
Experten des Friedrich-Loeffler-Instituts seien derzeit vor Ort,
um die Ursache für die Übertragung des H5N1-Virus auf die Puten
zu erforschen, betonte Schneider. Die befallenen Puten seien ja
im Stall gehalten worden, während die Gänse des Betriebes auf
Grund einer Ausnahmegenehmigung drei bis vier Stunden täglich
ins Freie gedurft hätten.
Der von der Vogelgrippe betroffene Geflügelzüchter im
sächsischen Mutzschen erhält für die getöten Tiere eine
Entschädigung aus der Tierseuchenkasse. "Da bekommt er aber nur
den - wenn man es einmal so sagen darf - Verkehrswert der Tiere
ersetzt", sagte der Hauptgeschäftsführer des Sächsischen
Landesbauernverbandes (SLB), Jörg Hilger, am Donnerstag in
Dresden. Je nach Alter und Gewicht falle diese Entschädigung
unterschiedlich hoch aus, maximal würden 51 Euro pro Tier
bezahlt.
"Das entspricht aber insbesondere bei Zuchttieren nicht dem
wirklichen Wert, den diese haben", machte der
SLB-Hauptgeschäftsführer deutlich. Hinzu komme, dass dem Betrieb
nun weitere wirtschaftliche Schäden drohten. "Da kann schnell
eine existenzbedrohende Situation eintreten", gab Hilger zu
bedenken. "In solchen Fällen sollte die Politik den Betrieben
unter die Arme greifen", forderte er.
Der Nationale Krisenstab von Bund und Ländern hat am Donnerstag
in Berlin über den bundesweit ersten Vogelgrippefall in einem
Nutzgeflügelhof beraten. "Es kommt darauf an, die Quelle, aus
der die Infektion erfolgt ist, zu identifizieren und nach
Möglichkeit lückenlos die Betriebe zu erfassen, in denen ein
Seuchengeschehen dadurch noch ausgelöst worden sein könnte",
sagte Agrarstaatssekretär Gert Lindemann. Die Verbraucher seien
derzeit jedoch nicht betroffen.
Der niedersächsische Staatssekretär Friedrich-Otto Ripke rechnet
mit einer Verlängerung der bundesweiten Stallpflicht über April
hinaus. Er gehe davon aus, dass die Maßnahmen weitergeführt
würden und die Stallpflicht zunächst beibehalten werde, solange
es nötig sei. Ripke forderte, bei der EU darauf hinzuwirken,
dass es nicht zu Handelsbeschränkungen kommt. "Wir müssen
versuchen deutlich zu machen, dass unsere Maßnahmen auch auf
EU-Ebene anerkannt werden."
Die Staatssekretäre von Bund und Ländern wollten auch über die
Schweinepest beraten. Die EU hatte nach dem Ausbruch an mehreren
Orten in Nordrhein-Westfalen strenge Auflagen gegen die deutsche
Fleischbranche verhängt.
HANDELSBLATT, Donnerstag, 06. April 2006, 14:38 Uhr