Toter Mäusebussard / Berlin meldet ersten Vogelgrippe-Fall
Die Vogelgrippe hat die Hauptstadt erreicht. Als siebste
Bundesland hat nun auch Berlin einen Vogelgrippefall gemeldet.
Bei einem toten Mäusebussard ist eine Infektion mit dem
H5N1-Virus festgestellt worden. Auch andere Bundesländer melden
neue Fälle.
HB BERLIN/MÜNCHEN/AMMAN. Der tote Raubvogel wurde auf einer
Terrasse eines Einfamilienhauses im Bezirk Marzahn- Hellersdorf
gefunden. Der Bezirk liegt am nordöstlichen Rand der 3,3
Millionen-Einwohner-Metropole. Das Tier sei ein Einzelfund, eine
größere Anzahl von verendeten Vögeln wurde im aktuellen Fall
bisher nicht entdeckt, teilte die Senatsverwaltung für
Gesundheit am Freitag mit.
Nach Angaben der Berliner Feuerwehr war der tote Mäusebussard am
18. März entdeckt worden. Seit Jahresbeginn seien von der
Feuerwehr rund 4000 Vogelkadaver geborgen und in das Institut
für Lebensmittel, Arzneimittel und Tierseuchen (Ilat) gebracht
worden. Die Behörden richteten einen Sperrbezirk von drei
Kilometern rund um den Fundort des toten Greifvogels ein.
Unterdessen meldete Niedersachsen seinen 2. Vogelgrippefall,
Schleswig-Holstein seinen 8. und Bayern seinen 30. In
Niedersachsen wurde das gefährliche Virus H5N1 bei einer
Sturmmöve im Stadtgebiet von Cuxhaven nachgewiesen. In
Schleswig-Holstein starb eine Kornweihe in Itzehoe und einem
Mäusebussard im Kreis Plön. In Bayern war ein toter Schwan
infiziert, der am 11. März am Bodenseeufer entdeckt worden war.
Außer diesen drei Bundesländern und Berlin sind in Deutschland
auch Baden-Württemberg und Brandenburg betroffen. Schwerpunkt
der Tierkrankheit ist nach wie vor Mecklenburg-Vorpommern mit
der Ostseeinsel Rügen. Seit Ausbruch der Vogelgrippe auch in
Deutschland sind bundesweit weit über 200 tote Vögel positiv auf
das Virus getestet worden. Erstmals war am 14. Februar ein Fall
auf Rügen bestätigt worden.
Bundesverbraucherschutzminister Horst Seehofer erklärte erneut,
die Vogelgrippe werde sich weiter ausbreiten. "Wir werden sicher
noch lange mit der Seuche leben müssen", sagte er der "Welt am
Sonntag" nach Vorabbericht. Panik sei aber unangebracht: "Vor
Panik kann ich aber nur warnen, denn vor dieser Gefahr kann sich
der Mensch gut schützen."
Als weltweit 47. Land registrierte zudem Jordanien am Freitag
einen Ausbruch der Vogelgrippe. Das gefährliche Virus H5N1 wurde
bei totem Geflügel in einem Dorf etwa 40 Kilometer nördlich der
Hauptstadt Amman entdeckt, zitierten Medienberichte den
Gesundheitsminister des Landes.
Die Pharmaindustrie will unterdessen schon bald einen Impfstoff
für eine mögliche weltweite Grippe-Epidemie bereithalten und die
Forschung dafür drastisch verstärken. "Wir gehen davon aus, dass
wir schon Ende 2006 über einen Prototyp verfügen können", sagte
der Geschäftsführer von Glaxo Smithkline Deutschland (GSK),
Thomas Werner, am Freitag in Dresden. Forscher befürchten, dass
das Vogelgrippevirus H5N1 so mutieren könnte, dass es zur
Epidemie kommt.
In Kambodscha ist derweil ein dreijähriges Mädchen als fünfter
Mensch an der Virusinfektion gestorben. Das Mädchen aus einem
Dorf rund 40 Kilometer außerhalb der Hauptstadt Phnom Penh habe
im Hof seiner Eltern mit erkrankten Hühnern gespielt, berichtete
die Weltgesundheitsorganisation.
Auch für den Tod einer Wanderarbeiterin in Schanghai wird die
Vogelgrippe verantwortlich gemacht. Erste Untersuchungen
deuteten auf eine Erkrankung an der Geflügelseuche hin,
berichtete die amtliche chinesische Nachrichtenagentur Xinhua.
Es wäre die erste Infektion eines Menschen mit der Vogelgrippe
in der ostchinesischen Hafenmetropole. Weltweit starben bislang
mehr als 100 Menschen an dem Virus. Am stärksten betroffen ist
Vietnam mit mehr als 40 H5N1-Toten seit Ausbruch der Krankheit
Ende 2003.
HANDELSBLATT, Donnerstag, 24. März 2006, 20:25 Uhr