Kontrollen für Geflügelimporte / China dreht den Spieß um
Noch vor wenigen Wochen grassierte die Vogelgrippe überwiegend
in Asien, Russland und der Türkei. Mit einem EU-weiten
Importverbot für Gefügel aus den betroffenen Ländern wog sich
Deutschland auf der sicheren Seite. Doch weit gefehlt. Nun
drehte China sogar den Spieß um - und schränkte seinerseits die
Einfuhr von deutschen Produkten ein.
China ordnete jetzt verschärfte Kontrollen für
Geflügelimporte aus Deutschland und neun anderen Staaten an, in
denen kürzlich die Vogelgrippe aufgetreten ist. Chinas
Quarantäne-Behörde erließ eine Eilverordnung, wonach Geflügel
und Geflügelprodukte aus Deutschland nur noch dann den Zoll
passieren dürfen, wenn sie vorher getestet worden sind.
Zudem sollen Menschen, die aus den betroffenen Ländern nach
China kommen, stichprobenartig auf Fiebersymptome überprüft
werden. Neben Deutschland sind auch Frankreich, Italien, Ägypten
und Kuwait von den verschärften Kontrollen betroffen.
Am Dienstag warnte Landwirtschaftsminister Du Qinglin zudem vor
neuen Ausbrüchen der Krankheit in China in diesem Frühling. Ein
Grund sei, dass Zugvögel verstärkt unterwegs seien. Zudem würden
im vergangenen Herbst geimpfte Vögel wieder anfälliger, weil der
Schutz seine Wirkung langsam verliere. In den entlegenen
ländlichen Gegenden sei es außerdem schwierig, die Nutztiere zu
impfen.
Die Vogelgrippe macht China seit längerem zu schaffen. Acht
Menschen starben in dem Land bereits an der Krankheit. Alle
Handelswege, auf denen der Virus aus den betroffenen Ländern
nach Europa gelangen könnte, sind deshalb geschlossen. EU-weit
besteht ein Importverbot für Geflügel und Geflügelprodukte,
unbehandelte Federn und Trophäen aus den betroffenen Ländern in
Asien wie China, Russland, Thailand und aus der Türkei.
Eine Impfung gegen die Vogelgrippe gibt es für Menschen noch
nicht. Die antiviralen Medikamente Tamiflu und Relenza gelten
aber als vielversprechendste Mittel bei der Bekämpfung der
Seuche. Der Virus wird vor allem durch Ausscheidungen wie Kot
oder Nasensekrete übertragen, aber auch durch den Verzehr von
Fleisch oder Eiern. Für eine Ansteckung müßten Personen aber in
direkten Kontakt mit infizierten Tieren kommen. In Asien gab es
auch deshalb so viele Infektionen, weil Mensch und Tier oft auf
engstem Raum zusammenleben.
Mit der Dauer der Vogelgrippe wächst nach Ansicht der
Weltgesundheitsorganisation WHO die Gefahr einer Pandemie unter
Menschen. Je länger das Virus existiere, desto "mehr Chancen"
gebe es, "auf den Menschen überzugehen", sagte der Leiter des
WHO-Influenza-Programms, Klaus Stöhr, im Sender N24. "Wenn
dieses Virus sich verändert, haben wir nichts in der Hand, um
den weltweiten Zug hinauszuzögern." Nach drei Monaten wären dann
alle Kontinente davon betroffen, sagte Stöhr.
Deutschland sei im weltweiten Vergleich besser auf die Seuche
vorbereitet als andere Länder. Dennoch sei nun "Klotzen
wichtiger als Kleckern", um eine Übertragung des Virus von Wild-
auf Nutztiere zu verhindern, warnte Stöhr.
Im Falle einer Pandemie müsste nach Ansicht der Vorsitzenden des
Agrarausschusses im Bundestag, Bärbel Höhn, vermutlich auch die
Fußball-WM abgesagt werden, wie die Grünen-Politikerin im selben
Sender sagte. Stöhr sagte dazu, dies sei "keine Schwarzmalerei".
Sollte während der Fußball-WM in Deutschland eine Pandemie
ausbrechen, "muss man sich ganz genau überlegen was man tut".
HANDELSBLATT, Dienstag, 21. Februar 2006, 09:37 Uhr