Drängende Fragen zur Vogelgrippe

Das Vogelgrippen-Virus H5N1 hat Deutschland erreicht. Viele Menschen fragen sich, wie sie sich vor dem Virus schützen können. Was soll man tun, wenn man einen toten Vogel findet? Was muss beim Verzehr von Geflügelfleisch beachtet werden? Nachfolgend Antworten auf die drängendsten Fragen.

Wie ist die Vogelgrippe zu erkennen?

Erkrankte Vögel machen nach Angaben von Fachleuten einen apathischen Eindruck und leiden unter Atemnot. Sie schwanken häufig, und ihr Gefieder ist gesträubt. Die Krankheit ist unter Vögeln hoch ansteckend, verläuft dramatisch und rafft die Tiere innerhalb von Stunden dahin.

Welche Vögel sind besonders gefährdet?

Relativ leicht infizieren sich Hühner und Puten. Wasservögel erkranken seltener und zeigen andere Symptome. Kranke Hühner oder Puten erscheinen meist apathisch. Hühner legen keine oder stark verformte Eier. Bei manchen Tieren verfärben sich Kamm oder Füße blau. Durchfälle können hinzu kommen. 90 bis 100 Prozent der erkrankten Tiere sterben. Schwäne sind Tierseuchenexperten zufolge offenbar besonders empfindlich für das aggressive H5N1-Virus. Mithin scheinen sie eine Art Indikatorvögel zu sein, an denen sich ein Ausbruch früh erkennen lassen könnte. Kranke Tiere fallen oft mit Gleichgewichts- oder Verhaltensstörungen auf, schwimmen im Kreis oder halten den Kopf schief. Durchfälle treten auf. Augen- und Lungenentzündungen kommen hinzu - äußerlich wirken die Tiere dann kurzatmig.

Was soll man tun, wenn man einen toten Vogel findet?

"Auf keinen Fall anfassen", sagen Experten. Die Entdeckung toter Vögel sollte der örtlichen Polizei oder der Gemeinde gemeldet werden, die die Veterinäramter einschalten. In Spezialbehältern werden die Tiere dann zur Untersuchung ins Labor gebracht.

Wie kann man sich mit der Vogelgrippe infizieren?

Die Vogelgrippe wird vor allem durch Ausscheidungen wie Kot oder Nasensekrete übertragen, aber auch durch den Verzehr von Fleisch oder Eiern. Für eine Ansteckung müßten Personen aber in direkten Kontakt mit infizierten Tieren kommen. In Asien gab es auch deshalb so viele Infektionen, weil Mensch und Tier oft auf engstem Raum zusammenleben.

Kann man unbedenklich Geflügelfleisch oder Eier essen?

Bei Erhitzung über 70 Grad wird der Erreger nach Aussagen von Experten sicher abgetötet, durchgegartes Fleisch ist also in jedem Fall unbedenklich. Das Einfrieren von Speisen vernichtet den Erreger hingegen nicht. Auf die Möglichkeit einer Infektion des Menschen durch rohe Eier und Rohwursterzeugnisse mit Geflügelfleischanteil von infizierten Tieren gibt es keine wissenschaftlichen Hinweise. Allerdings ist laut Bundesinstitut für Risikobewertung erwiesen, dass Eier infizierter Tiere das Virus sowohl auf der Schale als auch in Eiweiß und Eidotter enthalten können. Deswegen sollten Verbraucher in Ländern, in denen die Vogelgrippe in Nutzgeflügelbeständen aufgetreten ist, vorsorglich auf den Verzehr roher Eiprodukte (Eischnee, Tiramisu etc.) verzichten. Bei gekochten Eiern sollte darauf geachtet werden, dass sowohl Eiweiß als auch Eigelb fest sind.

Ist das Virus von Mensch zu Mensch übertragbar?

Nein. Bislang ist keine Übertragung von Mensch zu Mensch bekannt. Das Virus könnte allerdings mutieren und dadurch auch die Eigenschaft erlangen, sich auch von Mensch zu Mensch weiter zu verbreiten. Noch ist aber unklar, ob das Virus überhaupt das Potenzial besitzt, sein Erbgut entsprechend zu ändern.

Was sind die Symptome einer Erkrankung?

Die Symptome sind ähnlich wie bei einer normalen Grippe: Hohes Fieber, Husten, Halsschmerzen. Die Hälfte der Patienten bekommen Durchfall. Im weiteren Verlauf entwickelt sich meist eine Lungenentzündung.

Gibt es einen Impfstoff gegen die Vogelgrippe?

Nein, bislang keinen Impfstoff für den Fall einer Grippepandemie. Auch an einem Impfstoff für Geflügel wird derzeit noch gearbeitet. Die antiviralen Medikamente Tamiflu und Relenza gelten aber als vielversprechendste Mittel bei der Bekämpfung der Seuche. Sie sollten bei den ersten Anzeichen einer Vogelgrippe-Erkrankung eingenommen werden und können auch präventiv eingesetzt werden. Das Bundesgesundheitsministerium rät Privatleuten jedoch davon ab, sich antivirale Medikamente selbst zu kaufen. Tamiflu und Relenza sollte nur unter ärztlicher Kontrolle eingenommen werden.

Besteht Gefahr für Haustiere?

Haustierhalter müssen sich um Katzen und Hunde nach Angaben von Tierärzten keine Sorgen machen. Experten halten das Ansteckungsrisiko für Hunde und Katzen in Deutschland für gering. In Zoos in Asien haben sich aber schon Tiger und Jaguare angesteckt, denen infiziertes Vogelfleisch verfüttert worden war.

Was tun Geflügelhalter zum Schutz vor Infektionen?

In der Geflügelwirtschaft gelten nach Angaben von Wilhelm Hoffrogge, dem Präsidenten des Verbandes der niedersächsischen Geflügelwirtschaft, generell strenge Hygienevorkehrungen, um die Tierbestände vor verschiedenen Krankheitserregern zu schützen. Die Ställe werden standardgemäß in Schutzanzügen betreten, zuvor gehen die Menschen durch eine Wanne mit Desinfektionsmitteln. Außerdem tragen sie Handschuhe. Sollte ein Verdacht auf Vogelgrippe bestehen, sind zusätzlich eine Atemschutzmaske mit Virusschutz und eine eng anliegende Schutzbrille Pflicht.

Was ist Keulung?

Die Begriffe "Keulung" und "Keulen" kommen immer beim Auftreten von Tierseuchen in Deutschland auf. Sie bezeichnen das vorsorgliche Töten von Tieren, um eine Weiterverbreitung der Seuche zu verhindern. Man unterscheidet zwischen Bestandskeulung, bei der der gesamte Bestand der betroffenen Tierart eines Hofes getötet wird, und Kohortenkeulung, die eine selektive Vernichtung nach Risikogruppen vorsieht. Zu den modernen Mitteln, Tiere zu betäuben und zu töten, gehören der Bolzenschussapparat und die Elektrozange. Mit dem Bolzenschussgerät wird ein Stahlbolzen ins Hirn geschossen. Momentan macht der Begriff Keulung wegen der Vogelgrippe die Runde, nachdem auf der Ostseeinsel Rügen die Keulung von Nutztieren angeordnet wurde, um ein Übergreifen des H5N1-Virus' von Wild- auf Nutztiere zu verhindern.

Woher kommt die Vogelgrippe?

Im Jahr 1997 traten die ersten Fälle von Vogelgrippe des Subtyps H5N1 auf. Im Mai starb ein dreijähriger Junge an der Erkrankung. Ende 2003 grassierte die Seuche in Thailand, Vietnam, Südkorea und Japan. Danach breitete sich das Virus von Asien über Russland nach Europa aus. Schon vor 2003 hatte es auch in Deutschland Fälle von Geflügelpest gegeben, allerdings verursacht von wesentlich weniger aggressiven Subtypen des Virus, etwa H7N7.

HANDELSBLATT, Montag, 20. Februar 2006, 11:39 Uhr


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