Neue Fälle von Vogelgrippe in Deutschland / 10 weitere erkrankte Tiere
Die Zahl der in Deutschland an der Vogelgrippe gestorbenen Tiere
ist weiter gestiegen. In Mecklenburg-Vorpommern wurden nach
Angaben des Landes-Agrarministeriums zehn weitere Tiere positiv
auf das auch für den Menschen gefährliche Virus H5N1 getestet.
Wie schon Landwirtschaftsminister Horst Seehofer warnte
Bundeskanzlerin Angela Merkel vor Panik.
Mecklenburg-Vorpommerns Agrarminister Till Backhaus
teilte am Donnerstagabend in Schwerin mit, der Erreger der
Vogelgrippe sei bei sechs Höckerschwänen, drei Singschwänen und
einer Gans nachgewiesen worden. Damit hat sich die Zahl der in
Deutschland an der Seuche verendeten Tiere auf mindestens 13
erhöht. Allerdings differierten die Angaben über die Zahl der an
H5N1 gestorbenen Tiere: Beim Bundeslandwirtschaftsministerium in
Berlin war davon die Rede, dass "acht Vögel positiv und neun
leicht positiv" getestet worden seien. Insgesamt hatte das
Friedrich-Loeffler-Institut auf Riems bei Greifswald 40 Tiere
untersucht, die auf der Ostseeinsel Rügen verendet waren.
Der Anstieg der Zahl kam nicht überraschend. Bereits am
Vormittag hatte Seehofer im Bundestag gesagt, die Regierung
rechne mit weiteren Fällen der Vogelgrippe in Deutschland. Das
sei angesichts der Dynamik der internationalen Ausbreitung der
Vogelseuche sei zu erwarten. Das Bundesamt für Tiergesundheit
hatte zuvor bestätigt, dass zwei auf Rügen tot aufgefundene
Höckerschwäne mit dem Virus-Typ H5N1 befallen waren.
Bundeskanzlerin Merkel mahnte zur Besonnenheit. "Es gibt keinen
Grund, dass wir panisch reagieren müssen", sagte Merkel im ZDF.
"Aber ich möchte auch die Menschen bitten, sorgfältig zu sein."
So sollten tote Wildvögel gemieden und den Behörden gemeldet
werden. Die Vogelgrippe habe noch nicht auf Haustierbestände wie
Hühner übergegriffen. "Natürlich auch die Menschen brauchen sich
im Augenblick noch keine Sorgen zu machen", betonte die
Kanzlerin. "Und ich hoffe, das bleibt auch so."
Der Schweriner Agrarminister Backhaus (SPD) wies die Behörden
auf Rügen an, bis Freitagabend 18.00 Uhr alle toten Vögel zu
beseitigen. Er reagierte damit auf Kritik aus dem Bundestag am
Krisenmanagement in Mecklenburg-Vorpommern. Es sei skandalös,
dass tote Schwäne noch mehr als einen Tag nach Auftreten der
Vogelseuche frei im Eis herumlägen, sagte FDP-Chef Guido
Westerwelle. Die Grünen-Politikerin Bärbel Höhn bemängelte, der
Schnelltest an den tot aufgefundenen Schwänen, der weniger als
einen Tag brauche, habe sechs Tage benötigt. "Die Behörden in
Mecklenburg-Vorpommern haben versagt", sagte Höhn.
Seehofer sagte in einer Aktuellen Stunde des Bundestags, zwar
gebe es bislang weltweit keine Hinweise dafür, dass eine
Übertragung des Virus von Mensch zu Mensch möglich sei. Dennoch
müsse angesichts der Ausbreitung der Tierseuche dem Schutz der
Menschen oberste Priorität eingeräumt werden. Nun komme es vor
allem darauf an, ein Überspringen der Seuche von Wildvögeln auf
Nutztiere zu verhindern. Dazu gilt ab Freitag bundesweit eine
Stallpflicht für Geflügel. "Wir haben es hier mit einer
gefährlichen Tierseuche zu tun, die auch potenzielle Gefahren
für die Menschen birgt. Es gibt nur eine Antwort: rigoros und
konsequent vorzugehen und die Sicherheit für Menschen an oberste
Priorität zu stellen", sagte Seehofer.
Der CSU-Politiker rechnet mit einer länger anhaltenden Gefahr
durch die Vogelseuche. "Bei aller konsequenten Vorgehensweise
können wir nicht davon ausgehen, dass wir das Geschehen
innerhalb weniger Wochen überwunden haben", sagte Seehofer, der
stärkere Forschungsanstrengungen für Impfprogramme ankündigte.
Das Ministerium richtete eine Hotline für die Bevölkerung ein
(01888-529-4601).
HANDELSBLATT, Donnerstag, 16. Februar 2006, 22:35 Uhr