Vogelgrippe ist schwerer als gewöhnliche Influenza
Eine Vogelgrippe äußert sich beim Menschen zunächst ähnlich wie
eine klassische Grippe. Nach kurzer Zeit ist sie aber deutlich
von einer echten Influenza zu unterscheiden.
"Die Symptome der Vogelgrippe sind anders als die
einer normalen Grippe", sagte Professor Michael Schmidt von der
tiermedizinischen Fakultät der Freien Universität Berlin (FU) am
Montag. "Die Symptome ähneln sich nur am Anfang: Die Infizierten
klagen in den ersten Tagen über Fieber, Husten und
Gliederschmerzen." Dann komme jedoch bald eine schwere
Lungenentzündung hinzu.
Auch die Humanmedizinerin Bettina Temmesfeld vom Berliner
Klinikum Charité bestätigte: "Die Vogelgrippe ist insgesamt
schwerer ausgeprägt als eine gewöhnliche Influenza - die Lunge
wird stärker befallen".
Eine allgemeine Grippewelle hat Deutschland bislang nicht
erreicht. Der Sprecher des Robert Koch-Instituts (RKI), Günther
Dettweiler, sagte mit Blick auf die von der Arbeitsgemeinschaft
Influenza bundesweit gesammelten Zahlen: "Es gibt keine
bedeutsame Viruszirkulation und nur in Teilen Deutschlands
geringfügig erhöhte Zahlen bei Atemwegserkrankungen." Auch im
europäischen Ausland gibt es demnach derzeit kaum Grippefälle.
Veterinärmediziner Schmidt forderte, die Art der Infektion
"äußerst genau zu prüfen". Influenza-Schnelltests zeigten
innerhalb einer halben Stunde, ob man sich mit einem
Grippeerreger infiziert habe. Ob es sich um das gefährliche
H5N1-Virus handele, müsse in einem aufwendigeren Verfahren
untersucht werden. Dieses benötigte mindestens zwölf Stunden.
"Außerdem müssen die Proben natürlich mehrfach untersucht
werden", erläuterte Schmidt.
Um sich mit dem Vogelgrippe-Erreger H5N1 anzustecken, müssen die
Betroffenen laut Schmidt "intensiven Kontakt" mit dem Federvieh
haben. Das bedeutet, sie in den Arm zu nehmen und mit ihnen zu
spielen. Auch durch die Federn und den Vogelkot übertrage sich
die Krankheit, die in der Hälfte der Fälle zum Tod führt, auf
den Menschen. Außerdem könne der Erreger auch über rohe Eier
oder verseuchtes, ungegartes Geflügelfleisch verbreitet werden.
HANDELSBLATT, Montag, 16. Januar 2006, 17:00 Uhr