Hühner sollen wieder in den Stall
Die deutschen Geflügelbauern und -züchter dürfen ihre Tiere erst
seit wenigen Wochen wieder ins Freie lassen, da sollen sie sie
erneut in die Ställe scheuchen: Wegen der Vogelgrippe-Fälle in
der Türkei will die Bundesregierung die Tiere wieder einsperren
lassen, bis die Gefahr gebannt ist.
Bundeslandwirtschaftsminister Horst Seehofer (CSU)
kündigte am Mittwoch an, noch im Januar solle dazu eine
Entscheidung getroffen werden. Sollten die Experten dafür
plädieren, werde wiederum ein Eilverordnung erlassen, wie sie
bereits von Ende Oktober bis Mitte Dezember galt. Anders als
damals sei der Vogelzug diesmal kein großes Problem. Für das
Risiko einer Übertragung der Vogelgrippe entscheidender sei der
illegale Import von Geflügel und Produkten aus den befallenen
Regionen, darunter die Türkei und Rumänien.
Seehofer sagte, es helfe hier nur ein verantwortliches Verhalten
der Bevölkerung, um die Sache in den Griff zu kriegen. In der EU
werde Deutschland darauf drängen, dass die Kontrollen an den
Außengrenzen verstärkt würden. Wenn in Deutschland illegale
Einfuhren von Geflügelprodukten beschlagnahmt würden, deute das
darauf hin, dass an den Außengrenzen zu wenig kontrolliert
werde.
Die Weltgesundheitsorganisation warnte unterdessen davor, die
Vogelgrippe-Gefahr in der Türkei überzudramatieren. "Es gibt
keinen Grund zur Panik", sagte der Leiter des WHO-Regionalbüros
Europa, Marc Danzon, am Mittwoch in Ankara. Touristen könnten
problemlos in die Türkei reisen. Danzon bekräftigte, dass dort
keine "Mutation" des für Menschen gefährlichen Vogelgrippevirus
H5N1 festgestellt worden sei, was zu einer Pandemie - also einer
weltweiten Epidemie - führen könnte. "Wir sind hier und heute
ganz und gar nicht in dieser Situation."
Die in der Türkei nachgewiesenen Infektionen beim Menschen seien
allesamt auf Kontakte mit Vögeln oder Geflügel zurückzuführen,
versicherte Danzon. "Wir kennen die Vorgeschichte jedes
einzelnen Falls", sagte Danzon zum Abschluss einer
Inspektionsreise durch von der Tierseuche betroffenen Regionen
im Osten der Türkei. Es sei wichtig, solche Kontakte zwischen
Mensch und Geflügel unter Kontrolle zu bringen. Über die
Maßnahmen der türkischen Regierung äußerte sich Danzon
zufrieden. "Das Krisenmanagement ist auf dem Niveau, auf dem es
sein sollte."
In der Türkei sind nach Angaben von Gesundheitsminister Recep
Akdag bisher 15 Vogelgrippe-Fälle beim Menschen nachgewiesen
worden. Drei der Infizierten starben. Bei zweien, einem
Geschwisterpaar im Alter von 14 und 15 Jahren, sei der
gefährliche H5N1-Erreger nachgewiesen worden. Im Fall der
elfjährigen Schwester gebe es keinen Nachweis. Wissenschaftler
gingen jedoch davon aus, dass auch sie mit "großer
Wahrscheinlichkeit" infiziert war. Fälle der Tierseuche bei
Geflügel sind mittlerweile in mehr als 20 der 81 Provinzen
aufgetreten. Mehr als 300 000 Tiere wurden bisher getötet.
China meldete am Mittwoch zwei weitere Todesfälle durch die
Vogelgrippe. Bei den neuen Todesfällen handele es sich um ein
zehnjähriges Mädchen in der südlichen Region Guangxi und einen
35 Jahre alten Mann in der östlichen Provinz Jiangxi, teilte die
WHO mit. Damit ist die Zahl der Todesfälle infolge der Infektion
mit dem H5N1-Virus in dem Land auf fünf gestiegen. China meldete
zudem einen weiteren Ausbruch der Krankheit bei Geflügel.
HANDELSBLATT, Mittwoch, 11. Januar 2006, 12:04 Uhr