Vogelgrippe schreckt deutsche Urlauber nicht
Die Ausbreitung der Vogelgrippe in der Türkei lässt die
deutschen Urlauber nach Angaben der Reisebranche kalt. Es gebe
keine Stornierungen.
Bislang hätten allenfalls vereinzelt besorgte Türkei-Urlauber
bei ihren Reiseveranstaltern angerufen, wie die großen
Veranstalter übereinstimmend am Montag erklärten. Wünsche
für Stornierungen oder Umbuchungen lägen nicht vor, sagten
Sprecher von Tui, Thomas Cook (Neckermann), Rewe Touristik (ITS,
Tjaereborg) und dem Türkeispezialisten Öger Tours.
"Die Türkei ist auch kein klassisches Winterreiseziel", sagte
Tui-Sprecher Robin Zimmermann. Das Hauptgeschäft falle im Sommer
an. Für die diesjährige Sommersaison wird der Großteil der
Reisen in den kommenden Monaten gebucht. Tui hatte allein in
Deutschland 2004 knapp 800 000 Türkei-Urlauber, rund 11 Prozent
aller Gäste.
"Die aktuellen Fälle haben keine Bedeutung für die
Reisemöglichkeiten in die Türkei", teilte der Deutsche
Reiseverband (DRV) am Montag nach Rücksprache mit Veranstaltern,
Auswärtigem Amt und Gesundheitsexperten mit. Urlauber sollten
allerdings die seit längerem geltenden Sicherheitshinweise und
Verhaltensregeln des Bundesverbraucherschutzministeriums für
Länder mit Vogelgrippefällen befolgen.
Für eine generelle Entwarnung gibt es allerdings nach Ansicht
von Branchenexperten noch keinen Grund: Es sei noch ungewiss,
wie sich die Tierseuche in der Türkei als einem der wichtigsten
Reiseländer Europas entwickeln werde. "Das muss man sehr genau
verfolgen. Für eine Einschätzung ist es noch zu früh", sagte ein
Touristikanalyst einer deutschen Bank.
Die bisher aufgetauchten Vogelgrippe-Infektionen bei Menschen
lägen weit von den Urlaubszentren entfernt, hieß es bei den
Veranstaltern. "Aber wir haben unsere Reisebüros umgehend
informiert und auf den aktuellen Stand zur Vogelgrippe und
Verhaltensregeln für Urlauber hingewiesen", sagte Tui-Sprecher
Zimmermann. Der DRV betonte, es gebe aus medizinischer Sicht
weiterhin keine Hinweise, dass sich die Erkrankung von Mensch zu
Mensch übertrage.
Die Zahl aller deutschen Türkei-Urlauber dürfte nach
Branchenschätzungen im vorigen Jahr erneut gestiegen sein auf
rund 4,5 Millionen. Der Tourismus ist mittlerweile mit jährlich
insgesamt 20 Mill. ausländischen Gästen einer der wichtigsten
Wirtschaftszweige des Landes. Beliebt sind vor allem Reiseziele
an der türkischen Riviera.
"Auch die großen Konzerne haben in der Türkei in eigene
Hotelkapazitäten investiert. Insofern würde sie ein Abwandern
von Urlaubern in andere Gebiete in diesem Sommer treffen", sagte
der Touristikanalyst. Die Tui-Aktie notierte am Montag knapp ein
Prozent schwächer bei 18,28 Euro.
Die ersten Verdachtsfälle von Vogelgrippe bei Menschen waren in
der vorigen Gruppe in der Osttürkei aufgetaucht, als drei Kinder
an der der Virusvariante H5N1 starben. Seither wurden täglich
weitere Verdachtsfälle bekannt.
HANDELSBLATT, Montag, 09. Januar 2006, 16:06 Uhr