Fälle in Ukraine und Rumänien: Notstand wegen Vogelgrippe ausgerufen

KIEW. Juschtschenko besuchte die mit am schwersten betroffene Ortschaft Nekrassiwka, in der sämtliches Geflügel getötet werden soll. Bis zum Vormittag wurden 1 350 Tiere gekeult. Juschtschenko hatte den Notstand in dem Gebiet verhängt, nachdem dort das Virus H5 erstmals in mehr als 2 500 verendeten Vögeln bestätigt wurde.
Fälle von Vogelgrippe bei Menschen seien in der Ukraine bisher nicht aufgetreten, betonte eine Sprecherin des Gesundheitsministeriums in Kiew. Mehr als 900 Menschen, die möglicherweise Umgang mit infizierten Vögeln hatten, stünden unter medizinischer Beobachtung. Innerhalb der kommenden Woche sollten alle 6 669 Bewohner der fünf betroffenen Ortschaften gegen Grippe geimpft werden. Das ukrainische Parlament will am (morgigen) Dienstag in einer Krisensitzung über den Vogelgrippe-Ausbruch beraten.
In britischen und italienischen Laboren wird derzeit untersucht, ob es sich bei dem gefundenen Erreger um den auch für Menschen gefährlichen Typ H5N1 handelt. Ergebnisse werden am Donnerstag erwartet. In Asien fielen dem Virus seit 2003 mindestens 68 Menschen zum Opfer. Fälle von Vogelgrippe bei Tieren wurden auch aus Rumänien, Kroatien, Russland und der Türkei gemeldet.

Vogelgrippe in Rumänien

Die Tierinfektion sei in zwei weiteren Dörfern im Donau-Delta festgestellt worden, teilte unterdessen das Landwirtschaftsministerium Rumäniens am Montag mit. Ob es sich bei dem Erreger um den auch für Menschen gefährlichen Virusstamm H5N1 handelte, war zunächst unklar. Der Stamm ist im Oktober erstmals in dem Delta aufgetaucht und wurde offenbar von Zugvögeln eingeschleppt, die hier Station machen.
Die beiden Dörfer seien unter Quarantäne gestellt worden und der gesamte Geflügelbestand der Bauern werde notgeschlachtet, teilte das Ministerium weiter mit. Insgesamt wurde die Vogelgrippe inzwischen in zwölf Ortschaften Rumäniens festgestellt, darunter zuletzt auch in Gebieten außerhalb des Donau-Deltas. In Asien haben sich an dem Stamm H5N1 mittlerweile rund 133 Menschen angesteckt, etwa 70 von ihnen sind der Krankheit erlegen.
Auch in Vietnam, das zu den am stärksten betroffenen Ländern zählt, wurden weitere Infektionsherde entdeckt. Demnach verendeten in vier Dörfern an der Nordgrenze zu China mehr als 900 Enten und Hühner an der Krankheit. Erste Test hätten einen Virus aus der Stammreihe H5 ergeben, teilten die Veterinärbehörden in Hanoi am Montag mit. Seit die Vogelgrippe Anfang Oktober zurückgekehrt ist, wurden in dem südostasiatischen Land knapp 2,4 Mill. Stück Geflügel geschlachtet, um die Ausbreitung einzudämmen.

Bundesregierung sieht keine neue Gefährdungslage

Die Bundesregierung sieht trotz der sich weiter ausbreitenden Vogelgrippe in Rumänien keinen Anlass für verschärfte Schutzmaßnahmen in Deutschland. "Wir sind zu keiner neuen Risikoeinschätzung gekommen", sagte eine Sprecherin des Verbraucherschutzministeriums am Montag in Berlin. Im Donau-Delta sei der Vogelgrippevirus bereits vorher schon nachgewiesen worden, unterstrich sie. Zudem gebe es aus Rumänien derzeit keinen Vogelzug Richtung Deutschland. Die Bundesregierung werde die Situation genau im Auge behalten. An der Gefährdungsanalyse werde sich auch nichts ändern, wenn sich bei Laboruntersuchungen der Verdacht auf das auch für den Menschen gefährliche H5N1-Virus bestätigen sollte.
Die Ministeriumssprecherin verwies auf die Vorkehrungen gegen die Verbreitung der Vogelgrippe. So gebe es ein Einfuhrverbot für Vögel von außerhalb Europas und strenge Grenzkontrollen. Die bundesweit verhängte Stallpflicht gelte noch bis zum 15. Dezember.
In Rumänien waren schon im Oktober H5N1-Fälle nachgewiesen worden. Am Wochenende waren dort neue Vogelgrippefälle bekannt geworden. Behörden bestätigten zudem, dass das Virus Ende November erstmals außerhalb des Donau-Deltas im Dorf Scarlatesti aufgetreten war. Es blieb jedoch zunächst unklar, um welchen Virusstamm es sich genau handelte.

HANDELSBLATT, Montag, 05. Dezember 2005, 19:20 Uhr


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