Neue Verdachtsfälle in China: Vogelgrippe tötete offenbar Kind in China

PEKING. Im Nordosten Chinas sind zur Bekämpfung der Vogelgrippe rund sechs Millionen Vögel getötet worden. Alles Geflügel im Umkreis von drei Kilometern um einen Infektionsherd in der Provinz Liaoning sei getötet worden, meldete die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua am Montag. In Liaoning war das gefährliche Virus H5N1 gefunden worden. Es war der vierte Ausbruch der Seuche in einem Monat in China.
Bei drei Menschen seien Symptome der Krankheit festgestellt worden, berichtete die Agentur weiter. Ein zwölfjähriges Mädchen sei inzwischen verstorben. Ob sie mit dem H5N1-Virus infiziert waren, ist bislang nicht eindeutig geklärt. Bei ersten Tests sei das Virus nicht gefunden worden. Alle drei hätten aber in der Nähe des Infektionsherdes gelebt.
Seit Ende 2003 sind rund 60 Menschen in Asien an der Vogelgrippe gestorben. Mindestens 123 haben sich mit dem Virus infiziert. Das Virus springt nur selten und nur bei engem Kontakt mit Geflügel auf den Menschen über. Eine Übertragung von Mensch zu Mensch kommt bislang nicht vor. Experten befürchten aber, das sich der Erreger so weit verändern könnte, dass er zu einer weltweiten Grippewelle mit Millionen Todesopfern führen könnte.
Vertreter von Regierungen und internationalen Organisationen wollen bei dem am Montag begonnenen dreitägigen Treffen in Genf Maßnahmen treffen, um ein Überspringen der Krankheit vom Tier auf den Menschen verhindern. Damit soll das Risiko einer weltweiten Epidemie frühzeitig gebannt werden. Die Kosten eines entsprechenden internationalen Aktionsplans werden auf rund 175 Mill. Dollar geschätzt, wie die Agentur AFP berichtet. Zu der Konferenz eingeladen haben die Weltbank, die UN-Organisation für Ernährung und Landwirtschaft (FAO), die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und die Weltorganisation für Tiergesundheit (OIE).
Das aggressive Vogelgrippevirus H5N1 wird nach Ansicht der Weltgesundheitsorganisation (WHO) eines Tages eine Grippe-Pandemie unter Menschen auslösen. Das erklärte WHO- Generaldirektor Jong Wook Lee am Montag zu Beginn der internationalen Konferenz über die Vogelgrippe in Genf. Experten befürchten eine genetische Veränderung des Virus, so dass es dann auch leicht von Mensch zu Mensch übertragbar ist. "Wir wissen nicht wann es geschehen wird. Wir wissen aber, das es passieren wird", sagte Lee, der die Zahl der bisher an der Seuche gestorbenen Menschen mit 63 angab.
Alle hatten sich an Tieren infiziert, eine direkte Übertragung des Virus von Mensch zu Mensch ist bisher laut WHO noch nicht eindeutig nachgewiesen. "Alle Hinweise sind klar, dass es auch eine (Grippe-) Pandemie geben wird", sagte der WHO-Chef. Ziel der Konferenz in Genf sei es, sich besser darauf vorzubereiten.
Auf der Tagung soll über einen Aktionsplan im Kampf gegen die Vogelgrippe beraten werden. Den fast 700 Vertretern von Regierungen und Organisationen geht es darum, die Bedrohung durch das aggressive Virus H5N1 zu analysieren. Auch soll das Einrichten eines finanziell gut ausgestatteten Aktionsfonds beraten werden, wie es ihn schon gegen Aids oder Malaria gibt. Die Weltbank geht schon jetzt davon aus, dass sie in den kommenden Wochen bis zu 500 Mill. Dollar (423 Mill. EURO) im Rahmen eines neuen Finanzierungsprogramms für besonders betroffene Länder, vor allem in Asien, zur Bekämpfung der Vogelgrippe bereitstellen kann.
Der Pharma- und Diagnostikkonzern Roche ist laut eigenen Angaben auf Kurs für eine höhere Produktionsmenge des Grippemittels Tamiflu. Roche werde 2007 in der Lage sein, rund 300 Mill. Tamiflu-Portionen herzustellen, teilte das Unternehmen am Montag mit. Dies bedeute einem zehn mal höheren Ausstoss des Medikaments als im Jahr 2004, so Roche.
Weiter hiess es, dass es mehr als 150 Anfragen von Drittfirmen gebe, die in die Herstellung des Medikaments einsteigen wollten. Mit acht Firmen, darunter grossen Pharmakonzernen und Generika-Herstellern, sowie verschiedenen Regierungen inklusive Taiwan und Vietnam würden die Roche-Experten bereits sprechen. Eine erste Vorauswahl für vertiefte Gespräche sollte Ende November getroffen werden können, so Roche weiter.
Am vergangenen Donnerstag hatte Roche-Konzernchef Franz Humer dem EU-Gesundheitskommissar Markos Kyprianou versichert, alles dafür tun zu wollen, um eine höhere Tamiflu-Produktionsmenge zu ermöglichen. Tamiflu gehört zu jener Klasse von antiviralen Medikamenten, die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zum Schutz vor einer massenhaften Verbreitung der Vogelgrippe empfohlen werden. Ebenfalls in die Klasse der so genannten Neuraminidasehemmer - Medikamente, die die Ausbreitung des Grippevirus im Körper verhindern - gehört Relenza von GlaxoSmithKline.
Der Produktionsprozess für Tamiflu gilt als komplex und braucht Monate. Nach Angaben von Roche muss eine Firma, die neu mit der Tamiflu-Herstellung beginnt, zwei bis drei Jahre veranschlagen, bis die Produktion läuft.

HANDELSBLATT, Montag, 07. November 2005, 12:15 Uhr


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