Erster Fall in Großbritannien / Vogelgrippe kreist Deutschland ein

Deutschland scheint von der gefährlichen Variante des Vogelgrippe-Virus "umzingelt" zu werden: Nun ist auch in Großbritannien ein Tier an der Krankheit gestorben, das den für Menschen gefährllchen Virusstrang H5N1 in sich trug. Ein neuer Fall wird zudem aus dem europäischen Teil Russlands gemeldet.

LONDON. Das britische Landwirtschaftsministerium teilte am Montag mit, in einer Quarantänestation sei ein Papagei aus Surinam eingegangen. Die britische Chef-Veterinärin Debbie Reynolds sagte, wahrscheinlich habe sich das Tier in der Station mit dem Virus infiziert, wo er zusammen mit Vögeln aus Taiwan gehalten worden sei. "Es gibt eine Gefahr für das Vereinigte Königreich, und dieses Risiko hat sich erhöht", räumte Reynolds ein.
Im europäischen Teil Russlands wurden unterdessen weitere Fälle des Erregers H5N1 nachgewiesen. Labortests hätten ergeben, dass totes Geflügel in der Region Tambow rund 400 Kilometer südöstlich von Moskau H5N1 enthalten habe, teilte ein Behördenvertreter am Montag mit. Aus Russland wurden seit Mitte Juli bereits mehrere Vogelgrippe-Fälle gemeldet, darunter auch solche mit dem Erreger H5N1.
Die EU-Kommission will bis spätestens Dienstag entscheiden, ob sie zum Schutz vor der näher rückenden Vogelgrippe die Einfuhr von Wildvögeln verbietet. Die Behörde prüft derzeit derartige Vorschläge aus Großbritannien und Deutschland. In Kroatien begannen die ersten vorsorglichen Massenschlachtungen von Vögeln, nachdem der Erreger in Schwänen nachgewiesen worden war.
In Deutschland war am Samstag die Stallpflicht für Geflügel in Kraft getreten. Damit soll eine Ansteckung der Tiere mit Zugvögeln aus Russland und anderen Ländern verhindert werden. Bestätigt sind H5N1-Fälle bereits in Rumänien und der Türkei.
Inzwischen wurden am Montag in einem See in der Nähe von Neuwied in Rheinland- Pfalz 25 tote Gänse und Enten entdeckt. Bei den Tieren handele es sich vermutlich um Zugvögel - Graugänse und Stockenten -, die vom Veterinär der Kreisverwaltung Neuwied sichergestellt worden seien, teilte die Polizei in Neuwied mit.
Ob die Vögel womöglich an der Vogelgrippe verendet seien, soll am Dienstag im Landesuntersuchungsamt in Koblenz untersucht werden. Dies sei zum gegenwärtigen Zeitpunkt aber eine "rein spekulative" Annahme.
Bei dem Gewässer handele es sich um einen kleinen See, der Zugvögeln als Ruheplatz dient. Einige Tiere verendeten den Angaben zufolge unter starken Krämpfen. Auf dem Gewässer befanden sich neben den verendeten Tieren noch Schwäne und Blesshühner, denen aber keine Krankheitssymptome anzumerken waren.
An der seit 2003 in Asien grassierenden Vogelgrippe sind bislang mehr als 60 Menschen gestorben. Sollte das Virus mutieren und sich von Mensch zu Mensch übertragen, droht eine weltweite Epidemie. Daran könnten nach Expertenschätzungen Millionen Menschen sterben.

HANDELSBLATT, Montag, 24. Oktober 2005, 23:26 Uhr


zurück zur Vogelgrippe-Startseite