Neue Vogelgrippe-Verdachtsfälle
Die Vogelgrippe zieht um die Welt und hat am Montag mit dem
Fall in Griechenland auch die Europäische Union erreicht.
Heute gibt es zudem nach Angaben des
Landwirtschaftsministeriums in Rumänien neue Verdachtsfälle.
Agrarminister Gheorghe Flutur sagte am Dienstag, die Fälle seien im Donaudelta aufgetreten. Dort war am Samstag erstmals in Europa der auch für den Menschen lebensgefährliche Virus H5N1 in Enten nachgewiesen worden.
"Ein Schwan unweit des Dorfes C. A. Rosetti nahe der Grenze zur Ukraine ist positiv auf (Vogelgrippe-) Antikörper getestet worden", sagte Flutur. Auch Tests an weiteren Schwänen in Maliuc und einer Wildgans in Ceamurlia de Jos hätten ein positives Ergebnis gezeigt. C. A. Rosetti liegt im Südosten Rumäniens, zehn Kilometer von der Grenze zur Ukraine entfernt. Am Montag hatte die rumänische Regierung erklärt, die Vogelgrippe sei auf die Ortschaften Maliuc und Ceamurlia de Jos, rund 40 Kilometer weiter nördlich, beschränkt. In den beiden Dörfern sind alle rund 21 000 Zuchtvögel getötet worden.
Die Ergebnisse über den Vogelgrippeverdacht des für Menschen
gefährlichen Subtyps H5N1 in Griechenland werden erst kommende
Woche vorliegen. Dies teilte am Dienstagmorgen der Direktor
des Speziallabors der griechischen Hafenstadt Thessaloniki,
Giorgos Geoorgiadis, mit. "Um Antikörper des gefährlichen
Virus zu isolieren, brauchen wir rund sieben Tage. Die
Ergebnisse werden demnach am kommenden Montag oder Dienstag
vorliegen", sagte er einem griechischen Radiosender.
Nach dem Verdacht auf Vogelgrippe im EU-Land Griechenland hat
der Vorsitzende des Umweltausschusses im Europaparlament,
Karl-Heinz Florenz, ein Exportverbot für griechisches Geflügel
gefordert. "Da hat Europa Schutzaufgaben", sagte der
CDU-Politiker am Dienstag im Deutschlandfunk. Die Maßnahmen
zum Schutz der Bevölkerung müssten notfalls auch schmerzhaft
sein. Er halte die Entscheidung der EU-Kommission für richtig,
einen Ausfuhrstopp von lebendem Geflügel und Geflügelprodukten
von der Insel Chios vorzubereiten. Ein Exportverbot könne
kurzfristig verhängt werden.
Am Vortag war erstmals in der Europäischen Union der
Verdachtsfall auf das gefährliche Vogelgrippevirus auf der
Ostägäisinsel Oinousses registriert worden. Griechische
Forscher stellten Antikörper gegen den Typ H5 bei einem
Truthahn fest, der am vergangenen Freitag auf dieser Insel
verendet war. Die griechischen Gesundheitsbehörden trafen
unmittelbar Maßnahmen der so genannten Ersten Schutz-Phase.
Demnach dürfen keine Hausvögel oder deren Produkte die Insel
verlassen. Zudem wurden alle Vögel in Ställen untergebracht.
Der Züchter des verendeten Truthahns wird gemeinsam mit seiner
Frau von Ärzten beobachtet, berichtete das griechische
Fernsehen.
Die weltweiten Vorräte an Medikamenten für eine Schutz gegen
die Vogelgrippe sind der Weltgesundheitsorganisation (WHO)
zufolge unzureichend, falls das Virus von Mensch zu Mensch
übertragbar wird. Das Grippemedikament Tamiflu gilt nach einer
Empfehlung der WHO als Medikament zum Schutz vor einer
massenhaften Verbreitung der Vogelgrippe. Der Pharma- und
Diagnostikkonzern Roche baut nun die Produktionskapazitäten
für Tamiflu weiter aus. Die US-Arzneimittelbehörde FDA habe
eine weitere Anlage zur Produktion der Kapseln in den USA
genehmigt, teilte Roche am Dienstag mit. Die Anlage sei Teil
eines Netzwerks von mehr als einem Duzend
Tamiflu-Produktionsstätten weltweit, wovon mehr als die Hälfte
von Dritten betrieben würden, hiess es.
Roche sei bereit, über weitere Sub-Lizenzen für die
Tamiflu-Produktion zu verhandeln. Roche hat laut weiteren
Angaben von rund 40 Ländern Bestellungen für Tamiflu-Lager
erhalten oder bereits geliefert.
In Asien sind bislang 60 Menschen an der Vogelgrippe
gestorben. Experten warnen davor, dass sich das Virus
verändern könnte und dann wie ein normales Grippe-Virus von
Mensch zu Mensch weitergegeben würde.
HANDELSBLATT, Dienstag, 18. Oktober 2005, 08:50 Uhr